Kapitel II

... Natürlich waren das nicht alle Symptome einer Depression, die sich bei mir geäußert haben. Wahrscheinlich konntest Du auch schon einige bei Deinem eigenen Kind feststellen. Aber mach Dir keine Sorgen- nachdem Du dieses Buch gelesen hast, kennst du die Wege aus diesen Symptomen hinaus.

Lass mich hier einige Beispiele aufführen, wie die Symptome einer Depression aussehen können.

An erster Stelle der Symptome steht bei Lea die Müdigkeit und Antriebslosigkeit. Sie schläft bis in die Puppen und wenn Lea dann zum Mittagessen aufwacht, hat sie doch keinen Hunger. In die Schule zu gehen ist eine Qual, denn der soziale Kontakt benötigt Energie, die Lea dafür nicht hat. Lieber wäre sie wieder im Bett- von morgens bis zum Schlafen gehen. Die Gedanken kreisen ununterbrochen um echte oder zu Problemen gemachte Themen.

Nick kann nicht schlafen. Das Einschlafen wird anstrengend, der Kopf ist leer, aber der ganze Körper schmerzt vor Trauer. Eine innere Leere breitet sich in ihm aus. Der Versuch dieses Loch mit Essen zu füllen ist vergebens. Emotionen zurückzuhalten wird Zunehmens schwerer. Bald kommen Wut, Tränen und Verzweiflung vermehrt und ungewünscht in der Öffentlichkeit heraus.

Jonas kommt kaum noch zur Ruhe. Anzeichen des Körpers ignoriert er und gesteht sie sich selber nicht ein. Was früher einmal Spaß gemacht hat, ist jetzt langweilig oder bringt Jonas keine Freude mehr. Das Lachen ist zur Perfektion geübt und aufgesetzt. Für diejenigen, die nicht genau hinschauen, wirkt alles normal. Doch wenn er alleine ist, ganz für sich und im Stillen, weint Jonas sich abends in den Schlaf. Der Ausweg scheint hoffnungslos.

Du siehst, eine Depression kann sich auf ganz unterschiedliche Weise äußern. Bei manchen sind einige Symptome abgeschwächt oder treten gar nicht auf. Andere haben sie alle in der vollen Ausprägung.

Diese Symptome sind Gefühlszustände, die ziemlich hartnäckig sein können. Wochen, Monate, Jahre- es sind keine Grenzen gesetzt, solange man nicht aktiv etwas dagegen tut. Bei Menschen mit langjährigen Depressionen wurden veränderte Gehirnstrukturen im Vergleich zu psychisch gesunden Menschen festgestellt. Aber dies nur am Rande, das auszuführen würde ein weiteres Buch in Anspruch nehmen.

Doch wie kommt es denn zu dem Ausnahmezustand Depression? Die Symptome sind nicht mehr als ein Hilferuf des Körpers, der nach Aufmerksamkeit schreit. Hört man ihm nicht zu, also ignoriert die Beschwerden und negativen Gefühlszustände, bewegt man sich in einer Abwärtsspirale nach unten: Die Symptome verschlimmern sich.

Jim Carrey, der Schauspieler aus The Truman Show sagt:                           „Depressed means deep rest “

Also, Depressiv sein meint, dass der Körper eine tiefe Erholung braucht. Im Englischen steckt diese Bedeutung bereits in der Schreibung des Wortes. Das heißt, Geist und Körper haben sich überarbeitet. Dabei kann überarbeitet vieles bedeuten. Es kann der Leistungsdruck in der Schule oder im Verein sein, es können Schwierigkeiten mit anderen Kindern sein oder aber auch Probleme in der Familie, zum Beispiel Neid und Eifersucht auf den Bruder oder die Schwester. Bei einer Trennung der Eltern kann die seelische Entwicklung erheblich gestört oder geschädigt werden. Natürlich kann der Auslöser auch schon in der frühen Kindheit oder sogar im Babyalter entstehen.

Es gibt unzählig viele Aspekte die in eine Depression miteinspielen und genauso viele erdenkliche Gründe, warum es nun zu einer Depression kommen kann. Wichtig dabei ist, dass Du dir nicht den Kopf darüber zerbrichst, wie es nur so weit kommen konnte. Es ist wichtig und richtig, darüber nachzudenken. Setze Dich zu gegebener Zeit hin und mach Dir Gedanken. Denke alles durch, vom Anfang bis jetzt. Und dann lass es gut sein! Du kannst die Situation nicht durch Grübeln auflösen. Von da an solltest Du aufhören, ständig darüber nachzudenken und womöglich noch den Fehler bei Dir zu suchen. Du machst Dich selber nur kaputt damit.

Ganz im Gegenteil, versuche Dich dabei zu erwischen, darüber nachzudenken. Sei ein Detektiv Deiner eigenen „Verbrechen“ und belohne Dich, wenn Du Dich dabei erwischt hast. Du kannst Dir selber eine Umarmung geben und Dich einmal fest selber drücken. Naja, falls Dir das zu komisch vorkommt, fällt Dir bestimmt auch selbst etwas ein. Eine Kleinigkeit, die Dir bestätigt: gut gemacht!

Dass Du das tust, liegt mir sehr am Herzen. Denn leider weiß ich von meinen Eltern, dass sie kein hilfreiches Buch gefunden haben. Und wenn ich nur einem Menschen mit diesen Seiten helfe, hat es sich schon gelohnt. Ich will dir die ellenlangen Suchanfragen zu Depression, wie ich sie bei meiner Mutter auf dem PC vorgefunden habe, ersparen. Die verzweifelte Suche danach, was zu tun ist, was nun das Richtige ist, die langen, schlaflosen Nächte und die endlosen Sorgen. Aber kannst Du als Laie überhaupt etwas tun? Das erzähle ich Dir im nächsten Kapitel.